.
Home Über uns Vereine und Tempel Projekte Informationen Mitgliederbereich Kontakt Impressum Sitemap

Teil 4

Doch nur wenig später sollte sich erweisen, dass die Entwicklung in Afghanistan eine andere Richtung nahm. Bereits in einem weiteren Gutachten für das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 07.11.2003 relativierte ich meine Aussage aus meinem Gutachten für das VG Schleswig und stellte u.a. fest: „Insofern kann man heute davon ausgehen, dass die Gefahrenlage für religiöse Minderheiten sich grundlegend anders darstellt als noch vor etwas über einem Jahr. (…) Derzeit besteht in […] Gebieten, in denen in letzter Zeit eine rasante Islamisierung stattgefunden hat, für Angehörige religiöser Minderheiten große Gefahr. Denn nach der Scharia werden sie als „Götzendiener„ verfolgt, was durchaus auch in einer Gefahr für Leib und Leben resultieren kann. [Das Überleben eines Rückkehrers] ist unter diesen Umständen keineswegs gesichert. (…) [Es] ist – konkret auf die Verhältnisse im Jahr 2003 bezogen - im Fall von Angehörigen der Hindu-Minderheit meines Erachtens das Kriterium sowohl für eine quasi-staatliche Verfolgung in den autonomen Einflusszonen der Kriegsherren als auch für eine staatliche Verfolgung insgesamt gegeben.„

Mir ist unverständlich, warum bis heute in Gerichtsurteilen und Bescheiden nur mein Gutachten aus dem Jahr 2002 zitiert wird, das eine überholte Einschätzung einer inzwischen abgeschlossenen Phase der afghanischen Entwicklung darstellt, statt neuere Gutachten von mir heranzuziehen, in denen ich angesichts der veränderten Lage auch zu einem anderen Urteil gelange. Ich kann mir nur vorstellen, dass natürlich die Begründung einer Abschiebung leichter fällt, wenn man meine – aus dem historischen Zusammenhang gerissenen - Sätze aus dem Jahr 2002 heranzieht. Selbstverständlich kann ein Gutachter immer nur eine Aussage über die gegenwärtige Lage treffen und die zentrale Frage, wie sich die Gefahrenlage bei einer Rückkehr zum jetzigen Zeitpunkt gestalten würde, so aktuell wie möglich zu beantworten. Ich wiederhole noch einmal, dass meine Einschätzung aus dem Jahr 2002 für jetzt schwebende Abschiebeverfahren von keinerlei Bedeutung mehr ist, da sie die Verhältnisse in Afghanistan seither grundlegend verändert haben. Wie ich beispielsweise in der oben zitierten Gerichtsverhandlung vom 10.01.2006 erklärte, hat sich die Gefahrenlage für Hindus und Sikhs bei einer eventuellen Rückkehr nach Afghanistan bedeutend verschärft.