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Teil 4

Die religiöse Praxis

Die verschiedenen Afghan Hindu Tempel in Deutschland sind grundsätzlich für alle Hindus und Sikhs sowie Angehörige anderer Religionsgemeinschaften als Gäste offen, wobei sonntags regelmäßig Gottesdienste stattfinden. In Verbindung mit diesen sonntäglichen Gottesdiensten ist auch die Bewirtung (langar) der Gäste zu erwähnen; um dies zu ermöglichen, haben die Tempel notwendigerweise Küchen eingerichtet, um die Teilnehmer am Gottesdienst anschließend betreuen zu können. Neben dem Sonntag spielen auch andere Tage für besondere Feiern zu Ehren einzelner Gottheiten eine Rolle; beispielsweise ist der Montag durch eine abendliche Shiva-Puja hervorgehoben und in manchen Tempeln finden am Donnerstag kirtans für Vishnu und Sai Baba (von Shirdi) statt.

Für das „religiöse Profil„ des afghanischen Hinduismus sind zunächst die in den Tempeln verehrten Götterstatuen (Murtis) aufschlussreich. Die meistern Statuen wurden durch den seit 1970 in Großbritannien wirkenden Priester Pujya Shree Rambaba für die afghanischen Tempel in Deutschland gestiftet, wobei der Priester auch mehrfach an der Einweihung der Tempel und ihrer Statuen mitgewirkt hat. Shree Rambaba, dessen spirituellen Wurzeln im Hinduismus von Gujarat (Westindien) liegen, ist in Großbritannien äußerst aktiv, um die dortigen Diaspora-Hindus allgemein zu unterstützen. – Zu den wichtigen Göttern, deren Statuen in den Tempeln zu finden sind, gehören Hanuman, Rama gemeinsam mit seinem Bruder Lakshmana und seiner Gattin Sita sowie Radha und Krishna; ferner gehören zu den Tempeln ein Shiva Lingam, Statuen von Shiva, seiner Gattin Parvati und seines Sohnes Ganesha. Damit sind zentrale Gottheiten des so genannten Vishnuismus bzw. Shivaismus genannt, die die afghanischen Hindus mit anderen Ausprägungen des nordindischen Hinduismus gemeinsam haben.

Hervorzuheben sind aber auch einige Besonderheiten. In mehreren Tempeln – z.B. in Hamburg und in Essen – findet sich auch eine Statue der Göttin Sherawali Ma, die auf einem Tiger reitet. Sherwali ist eine – ursprünglich in Gujarat beheimatete – lokale Ausprägung der shivaitischen Göttin Durga, die in dieser speziellen Form in weiten Teilen des Hinduismus nicht verehrt wird. Ein andere erwähnenswerte Statue ist das Murti von Jhule Lal im Tempel in Köln-Heumar: Die Verehrung von Jhule Lal reicht bis ins 10.Jh. zurück, wobei diese Gottheit v.a. unter Sindhi-Gemeinschaften im Grenzgebiet zwischen Indien und Pakistan, aber auch unter Sindhis im Ausland sehr geschätzt wird. Jhule Lal symbolisiert nicht nur die Vereinigung der Elemente Wasser und Licht, sondern er gilt auch als derjenige, der die Hindu-Gemeinde im 10.Jh. vor den Bedrohungen durch einen muslimischen Fürsten retten konnte. Als solche Heilsgestalt erfährt er nicht nur bis heute Verehrung, sondern man erwartet sich von ihm auch Unterstützung, um sowohl irdisches wie auch spirituelles Wohlergehen zu erlangen. Schließlich ist noch die Darstellung von Guru Nanak – z.B. in Köln-Heumar oder in Stuttgart – innerhalb des Hindu-Sikh-Kontextes zu erwähnen. Guru Nanak ist als Gründer der Sikh-Religion bekannt, dass er auch von manchen Hindus als zentrale religiöse Gestalt akzeptiert wird, bringt nochmals einen geographischen Aspekt zum Tragen: Die Form des afghanischen Hinduismus stehz in enger Beziehung zu jenen Lokalformen des Hinduismus, die sich im Punjab, d.h. im westindischen Bereich, der sich heute auf die Staaten Indien und Pakistan erstreckt, wiederfinden; eine scharfe Abgrenzung zwischen „Hindus„ und „Sikhs„, wie sie in religionswissenschaftlichen Kategorisierungsversuchen unternommen wird, ist in der gelebten religiösen Praxis nicht in allen Fällen zulässig. – Anhand der Murtis / Götterbilder, wie wir sie in den verschiedenen Tempeln der Afghan Hindu-Sikh Gemeinden in Deutschland finden, wird somit bereits deutlich, dass diese Form des Hinduismus nicht einfach mit anderen in Deutschland verhandenen Hinduismus-Formen gleichgesetzt werden darf, sondern sowohl Gemeinsames, als auch Eigenständiges jeweils beobachtet werden muss.