.
Home Über uns Vereine und Tempel Projekte Informationen Mitgliederbereich Kontakt Impressum Sitemap

MENSCHENRECHTE - 3. Teil

Im Ergebnis bedeutet dies alles:

- Minderheiten, insbesondere Hindus, sind nach der afghanischen Verfassung Bürger zweiter Klasse, ohne Rechte, stets der Gefahr von Willkür und Diskriminierung ausgesetzt.

In den weiten Bergen des Hindukusch gibt es seit über 1.500 Jahren buddhistische und hinduistische Traditionen. Diese sollen jetzt offenbar endgültig ausgelöscht und die Menschen vertrieben oder assimiliert werden.

Die in Deutschland lebenden afghanischen Hindus und Sikhs appellieren an die Öffentlichkeit und an die Politik, diesen islamistischen Bestrebungen in Afghanistan mit großer Entschiedenheit entgegenzuwirken. Gerade die Bundesrepublik Deutschland hat eine herausragende Rolle im Wiederaufbauprozeß Afghanistans übernommen. Wenn hierbei die hinduistische Minderheit vergessen würde, bedeutete dies ein historisches Versagen Deutschlands und der Weltgemeinschaft.

Hindus werden in Afghanistan nach der islamischen Scharia diskriminiert

(Von Rechtsanwalt Christopher Sprung, Frankfurt) Nach langen politischen und religiösen Streitereien und Diskussionen wurde am 27. Januar 2004 eine neue Verfassung für Afghanistan beschlossen. Der anfänglichen Euphorie im Westen ist auf der politischen Ebene heute die Ernüchterung gewichen. Gleichwohl ist der Verfassungstext aus dem Jahr 2004 weiterhin das „Grundgesetz„ Afghanistans, an dem sich Regierung, Parlament und Verwaltung einschließlich der Gerichte und der Polizei verbindlich zu orientieren haben.

Die Minderheiten und insbesondere die Hindus und Sikhs blicken mit größter Sorge auf den Text dieser Verfassung, die ihnen nicht nur keinerlei Rechte einräumt, sondern sie auch explizit diskriminiert und religiöser Verfolgung durch Islamisten Tür und Tor öffnet.

Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit kennen nur eins: nämlich den Islam als Staatsreligion und die Scharia als Maßstab und Vorbehalt-Gesetz.

Denn die Verfassung steht ausdrücklich und politisch-religiös gewollt unter dem Vorbehalt des islamischen Religionsgesetzes, der Scharia.

Dies hat für die betroffenen religiösen Minderheiten, insbesondere für die wenigen in Afghanistan noch lebenden Hindus, die vor allem in Ruinen des ehemaligen Tempelbezirks in Kabul hausen und von den dortigen islamischen Nachbarn und der Polizei bei vielen Gelegenheiten ohnehin schon diskriminiert werden, dramatische Folgen.

Denn der Islam als Staatsreligion und die Scharia als Vorrang-Gesetz haben zur Konsequenz, daß eine hinduistische Erziehung für die Hindu-Kinder unmöglich ist; daß im Familien- und Erbrecht und nach islamischer Tradition auch in der sonstigen Rechtsanwendung ein Hindu sich dem islamischen Gesetz unterzuordnen hat; und das die Justiz im Zweifel die Scharia, und nicht etwa die Maßstäbe eines fairen Verfahrens, anwenden wird

Nach jedem westlichen und internationalen Standard verstößt dies gegen elementare Bürger- und Freiheitsrechte.

Um dies zu verdeutlichen, wollen wir an dieser Stelle einige konkrete Beispiele explizierter Diskriminierung für Minderheiten und insbesondere für Hindus darstellen:

Vorauszuschicken ist, daß zwar in Artikel 2 Satz 2 der Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan vom 27.01.2004 (Quelle: Übersetzung, herausgegeben vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg; www.virtual-institute.de) eine Glaubens- und Religionsfreiheit für „die Anhänger anderer Religionen„ erwähnt wird. Dies ist aber – wie in allen anderen islamischen Ländern, die sich eine Verfassung gegeben haben – nicht mehr als eine unbedeutende, folgenlose Floskel.

Denn der Islam ist Staatsreligion (Art. 2 Satz 1 der afghanischen Verfassung):

„Die Religion des Staates der Islamischen Republik Afghanistans ist die heilige Religion des Islam.„

Der Vorbehalt der „Scharia„ ist in Art. 3 der Verfassung ausdrücklich normiert:

„In Afghanistan darf kein Gesetz dem Glauben und den Bestimmungen der heiligen Religion des Islam widersprechen.„

Der Vorbehalt der Scharia ist also ausdrücklich auch auf die Legislative bezogen.

Die noch im Aufbau befindliche Judikative Afghanistans ist auf absehbare Zeit nicht in der Lage, einen Zugang zu einem rechtsstaatlichen, fairen Verfahren zu garantieren. Die Maßstäbe von Art. 6 EMRK sind nicht erreicht.

Die Richter der im Aufbau befindlichen Gerichtsbarkeit stehen unter dem Einfluß von Stammes-, Familien-, Politik- und Islamistendenzen. Von einem „fairen Verfahren„ in Verwaltung und Justiz kann auf absehbare Zeit nicht die Rede sein.

Hindus und Sikhs sind damit der Willkür der islamistisch geprägten Polizei, Schulen, Behörden und Gerichten ausgeliefert, die sich jeweils auf die afghanische Verfassung berufen dürfen!

Dies bestätigt auch ein Bericht des UNHCR vom 30.04.2005 (Quelle: www.asyl.net), aus dem zweifelsfrei hervorgeht, daß weder von einer dauerhaften Wiederherstellung stabiler Verhältnisse noch von einer Wiederherstellung nationalen Schutzes gesprochen werden kann.

Die Judikative Afghanistan wird darüber hinaus ihre Rechtsprechung an dem Vorbehalt des islamischen Gesetzes (Art. 3 der Verfassung) orientieren, vgl. auch Art. 130 der Verfassung (Vorbehalt des islamischen Gesetzes für die Judikative).

Daher kann von einer Glaubens- und Religionsfreiheit nach westlichem Maßstab sowie nach dem Maßstab des Art. 9 und Art. 10 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) nicht die Rede sein.

Es ist in Afghanistan auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, daß Judikative und Exekutive in der Lage sein werden, das religiöse Existenzminimum von afghanischen Hindus zu gewährleisten.

Die rein religiöse Diskriminierung von Hindus und Sikhs ist in der Verfassung Afghanistans vom 27.01.2004 in folgenden einzelnen Artikeln festgelegt:

Beseitigung der hinduistischen Erziehung und Tradition durch den Staat

Die Verfassung fordert ausdrücklich die „Beseitigung von Traditionen, die den Bestimmungen der heiligen Religion des Islam widersprechen„ (Wortaut des Art. 54 der Verfassung!). Damit ist es für Hindus unmöglich, nach der Tradition und im Ritus des Hinduismus zu leben und die Familie und die Kinder nach der hinduistischen Überzeugung zu erziehen, was Art. 54 der Verfassung vom 27.01.2004 nicht nur verbietet, sondern worin der „Staat„ ausdrücklich aufgerufen ist,

„erforderliche Maßnahmen zu ergreifen„, um diese Traditionen „zu beseitigen„ (!).

Eine derartige Verfassungsbestimmung muß als massivst denkbare Form der staatlichen Diskriminierung und religiösen Verfolgung betrachtet werden. Art. 54 der Verfassung vom 27.01.2004 legitimiert letztlich alle staatlichen Einrichtungen Afghanistans, die hinduistische Tradition zu beseitigen und eine Erziehung der Kinder nach hinduistischer Tradition zu verhindern.

Verbot der politischen Betätigung und des passiven Wahlrechts für afghanische Hindus

Vgl. Art. 62 der Verfassung vom 27.01.2004

Diskriminierung aufgrund der Sprache (Hindi), die in Art. 16 der Verfassung vom 27.01.2004 nicht aufgeführt ist, jedoch die anderen ethnischen Sprachen Afghanistans sind ausdrücklich erwähnt

Verweigerung des hinduistischen Religionsgesetz in Fällen persönlicher Angelegenheiten (Personenstandsrecht), und zwangsweise Anwendung des Schia-Rechtskodex auf Rechtsstreitigkeiten in persönlichen Angelegenheiten

Art. 131 Satz 1 der Verfassung vom 27.01.2004 bestimmt, daß in „persönlichen Angelegenheiten der schiitischen Gläubigen„ die Gerichte den „Schia-Rechtskodex„ anzuwenden haben.

Art. 131 Satz 2 bestimmt für „sonstige Rechtsstreitigkeiten, für die es in dieser Verfassung und den übrigen Gesetzen keine Bestimmung gibt„, die Anwendung des Schia-Rechtskodex.

Damit ist der in Art. 3 der Verfassung normierte Vorbehalt der Scharia auch auf die „sonstigen Rechtsstreitigkeiten„ erweitert, was dann auf die Hindus übertragen wird.

Im Ergebnis bedeutet dies alles:

- Minderheiten, insbesondere Hindus, sind nach der afghanischen Verfassung Bürger zweiter Klasse, ohne Rechte, stets der Gefahr von Willkür und Diskriminierung ausgesetzt.

In den weiten Bergen des Hindukusch gibt es seit über 1.500 Jahren buddhistische und hinduistische Traditionen. Diese sollen jetzt offenbar endgültig ausgelöscht und die Menschen vertrieben oder assimiliert werden.

Schweizer Flüchtlingshilfe: Hindus in Afghanistan diskriminiert und verfolgt

Sehr instruktiv ist auch der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13.09.2007 "Aktuelle Lage afghanischer Hindus", der auf einer persönlichen Recherche der Autorin Corinne Troxler vor Ort in Afghanistan im Sommer 2007 beruht.

Verantwortlich: Zentralrat afghanischer Hindus und Sikhs e.V.