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Die Lage in Afghanistan

Hindukusch - Berge der Hindus

Zur Lage der Hindus und Sikhs in Afghanistan

Eine Dokumentation (Stand November 2006)
Herausgegeber:

Zentralrat afghanischer Hindus und Sikhs e.V.

Am Marienstift 23, 51067 Köln

Vorwort

Deutschland spielt beim Wiederaufbau Afghanistans eine herausragende Rolle. Durch die Konferenz auf dem Bonner Petersberg im November/Dezember 2001 und durch das dort beschlossene Petersberger Abkommen wurde eine Entwicklung in Gang gesetzt, die nach dem 11. September 2001 zur Zerschlagung der islamistischen Taliban und zu einem neuen gesellschaftlichen Prozess in Afghanistan führte. Die "grosse Versammlung" ("Loya Dschirga") in Kabul, die im Dezember 2003 begann, verabschiedete am 27.01.2004 eine neue afghanische Verfassung. Wissenschaftler deutscher Universitäten bereiteten den Text dieser Verfassung vor. Deutsche Soldaten sind im Rahmen der internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan, um zur Sicherheit und Stabilität des Landes beizutragen. Deutsche Wissenschaftler bilden afghanische Juristen und Beamte im Rahmen von Förderprojekten des Max-Planck-Instituts für internationales Recht aus. Zahlreiche Deusche sind in Afghanistan vor Ort, um im Rahmen von internationalen Hilfseinrichtungen der Bevölkerung zu helfen.

Jedoch ist in der deutschen Öffentlichkeit wenig bekannt, daß es in Afghanistan trotz des von der internationalen Staatengemeinschaft unterstützten Wiederaufbauprozesses eine massive, religiös motivierte Diskriminierung und Verfolgung gibt, die bis heute weder von der Regierung Karsai noch von den internationalen Einrichtungen oder den deutschen Soldaten gestoppt werden kann. Ja, es liegen sogar Berichte vor, daß diese religiöse Verfolgung durch die Regierung Karsai wenn nicht aktiv gefördert, dann jedoch zumindest duldend in Kauf genommen wird. Dies ist unmittelbare Folge davon, daß sowohl die afghanische Verfassung wie auch die Tätigkeit der Regierung, der Behörden und Gerichte unter dem Vorbehalt des islamischen Religionsgesetzes, der Scharia, steht.

Ziel dieser umfassenden religiösen Verfolgung und gesellschaftlichen Diskriminierung sind die Hindus und Sikhs, die seit über 2.000 Jahren (gemeinsam mit den Buddhisten) in den Regionen des heutigen Afghanistan leben.

Im Juni 2005 beschlossen die Innenminister der Bundesländer, afghanische Flüchtlinge, die in den letzten Jahren mit ihren Familien in Deutschland Schutz fanden, angesichts einer von den Innenministern angenommenen Verbesserung der Lage stufenweise nach Afghanistan zurückzuführen.

Nicht wahrgenommen wurde dabei das Problem, daß sich unter den vielen tausenden afghanischen Flüchtlingen, die in Deutschland leben, auch Hindus und Sikhs befinden, die in Afghanistan das Objekt staatlicher und nicht-staatlicher Diskriminierung und Verfolgung von fanatischen Islamisten, aber auch von Beamten und Richtern des islamischen Establishments werden.

Es ist daher das Anliegen dieser Dokumentation, über die prekäre, existentiell bedrohliche Lage der Hindus und Sikhs im heutigen Afghanistan zu berichten. Auch soll gezeigt werden, welche dramatischen Folgen die gesetzliche und gesellschaftliche Etablierung der Scharia für religiöse Minderheiten haben, die nicht als "Buchreligion" (Judentum, Christentum, Islam) geschützt sind.

Als Dachverband von neun Hindu-Tempelgemeinden in Deutschland haben wir uns dabei um eine objektive Darstellung der Fakten bemüht, so wie sie uns berichtet wurden und so, wie wir nach bestem Gewissen die Lage und ihre Hintergründe darstellen können.

Wir sind zutiefst besorgt, daß eine Rückführung von Hindus und Sikhs nach Afghanistan zu einer grossen humanitären Katastrophe führt. Die deutsche Beteiligung am Wiederaufbauprozess Afghanistans sollte unter der Beachtung der Menschenrechte erfolgen; eine religiöse Minderheit, die in der neuen, in Deutschland mit-entwickelten afghanischen Landesverfassung vom 27.01.2004 keine Rechte erhalten hat, darf nicht verfolgt werden; Deutschland darf diese Verfolgten nicht in ein islamistisches Land zurückschicken.

Köln, im November 2006 Dr. Chellaram Merzadah, Vorsitzender

Zentralrat afghanischer Hindus und Sikhs e.V.