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Prof. Dr. Manfred Hutter

Religionsausübung zwischen Integrationsbemühung und Angst vor Abschiebung

Von Prof. Dr. phil. Dr. theol. Manfred Hutter

Institut für Orient- und Asienwissenschaften

Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn

(Vortrag vom 24.06.2005)

Historische Wurzeln: Hindus in Afghanistan


Die Islamische Republik Afghanistan hat derzeit ca. 28.700.000 Einwohner, wobei mindestens 99% Muslime sind (84% Sunniten, 15% Schiiten). Alle anderen religiösen Gruppen sowie Personen ohne Religionszugehörigkeit machen heute weniger als ein Prozent der Bevölkerung aus. Schätzungen entsprechend dürften im Jahr 2003 höchstens 3000 Hindu- bzw. Sikh-Familien in Afghanistan gelebt haben, Auch wenn diese geringe Zahl von Hindus und Sikhs in Afghanistan heute vor allem durch die politischen und militärischen Auseinadersetzungen in Afghanistan seit dem Einmarsch der Armee der Sowjetunion im Dezember 1979 bedingt ist, hat Afghanistan nie zu den Kernländern des Hinduismus gehört. Denn in vorislamischer Zeit war der Westen Afghanistans durch iranischen / zoroastrischen Einfluss bis ins 7./8.Jh. charakterisiert, der dann vom Islam abgelöst wurde, der Osten und Nordosten waren – über NW-Indian und Pakistan durch Buddhismus und andere religiöse Vorstellungen indischer Provenienz gekennzeichnet. – Während der letzten zwei bis drei Jahrhunderte hat der Hinduismus in Afghanistan wiederum Fuß gefasst, v.a. durch Immigranten aus dem Punjab (heute sowohl Indien als auch Pakistan), wobei die meisten Neuankömmlinge im Gewerbesektor (kleinere Geschäfte und Stoffläden) tätig waren. Als kleine Gemeinschaft innerhalb der islamischen Umgebung entfalteten sie jedoch eine enge gemeindebezogene Infrastruktur mit einem Netzwerk von Verbindungen (bis Indien), wobei bis 1992 die wirtschaftliche Bedeutung der Hindus in Afghanistan ungleich größer war als der prozentuale Anteil an der Bevölkerung erwarten ließ. Denn insgesamt betrug die Zahl der Hindus zu Beginn der 1990er Jahre ca. 50.000, die v.a. in Kabul, aber auch in anderen Städten wie Jalalabad, Lgaman oder Kandahar wohnten. Die Sikhs wohnten in größerer Zahl auch in Jalalabad (HindToday 1994, 3)

Einen entscheidenden Einschnitt in die Geschichte des Hinduismus in Afghanistan stellt die Machtübernahme der Mujaheddin im Jahr 1992 dar, die – anders als die Vorgängerregierung nach dem Rückzug der Sowjetarmee – die Hindus / Inder / Sikhs zu verfolgen begann, was seit 1996 durch das Taliban-Regime verschärft wurde. Als Konsequenz haben dabei in den 1990er Jahren bis auf wenige alle Angehörigen dieser Religionsgemeinschaft das Land verlassen, als Flüchtlinge über Pakistan nach Indien, aber auch weiter in die Vereinigten Staaten, Großbritannien, die Niederlande sowie nach Deutschland. Rund 6000 afghanische Hindus leben derzeit in Deutschland, rund 60% sind gut integriert und haben auch die Staatsbürgerschaft hier erworben.