Rolle der Frau
Die Rolle der Frau im Hinduismus hat über die Jahrhunderte und Jahrtausende eine kontinuierliche Entwicklung durchgemacht und muss immer auch im Zusammenhang mit den jeweiligen Lebensumständen sowie der verschiedenen hinduistischen Kulturen gesehen werden. Einerseits verboten einige Gesetzgeber den Frauen das Lesen der Veden, einige Hymnen des Rigveda jedoch wurden von Frauen geschrieben, und in der Brhadaranyaka Upanishad finden wir einen Dialog zwischen der gelehrten Tochter von Vachaknu Gargi und Yajnavalkya. Aus dieser Zeit ist auch die Sitte des Svayamvara überliefert, wörtlich „Selbstwahl„: Frauen am Königshof wurden nicht einfach verheiratet, sondern wählten den Bräutigam aus den in Frage kommenden Kandidaten selbst aus.
Ein zentrales Ritual, das Upanayana (Initiationsritus für Knaben) ist von frühester Zeit an jedoch nur männlichen Angehörigen der oberen Kasten vorbehalten. Es ist diese kultische Handlung, die einen Menschen zum Dvijati werden lässt, zum „Zweimalgeborenen„. Nach der natürlichen Geburt stellt das Upanayana die kulturelle Geburt dar.
Eine wichtige Rolle im hinduistischen Frauenbild stellt Sita dar, die Gattin Ramas aus dem großen Epos Ramayana. Das Bild der opferbereiten Gattin stellt für viele noch heute das Modell der idealen Frau dar. Sie wurde dadurch zum wichtigen Thema im indischen Feminismus und in der modernen indischen Literatur.
Einerseits kann man aus heutiger Sicht bemängeln, dass hinduistische Traditionen Frauen oft nicht die Rechte zugestehen, die ihnen aus moderner Sicht zustehen würden. Andererseits war etwa Professor H. H. Wilson der Ansicht, dass Frauen in keiner anderen antiken Nation in so großer Achtung standen wie bei den Hindus.