Die Zugehörigkeit zu einer Kaste hat für indische Hindus trotz Abschaffung des Kastensystems in der Verfassung weiterhin große soziale Relevanz. Grundsatz der Kastenordnung ist, dass die Lebewesen von Geburt an nach Aufgaben, Rechten, Pflichten und Fähigkeiten streng voneinander getrennt sind. Für die einzelnen Kasten (Varnas) gibt es unterschiedliche spezielle religiöse und kultische Vorschriften, die sich in allen Bereichen des Lebens äußern. Die Durchführung der Pflichten, die jeder Kaste in ihrem spezifischen Lebensstadium obliegt, ist ihre unbedingte Pflicht (Dharma); Übertretungen werden als Versäumnis der Pflichten und folglich als schlecht (Adharma) angesehen. Was von jedem Menschen erwartet wurde, war, dass er den spezifischen Pflichten seiner Kaste folgte, seine Lebenswünsche befriedigte und die Freuden des Lebens genoss. Die Gesellschaft war in vier Kasten eingeteilt, deren Aufgaben idealerweise folgende waren:
1. Brahmanen. Sie studierten die heiligen Schriften der Veden; erteilten geistliche Unterweisung und führten die rituellen Opfer aus.
2. Kshatriyas, die Kriegerkaste. Sie sollten die Schwachen schützen, als Könige gerecht regieren und den Brahmanen Schutz und Ermunterung bei ihren gelehrten und priesterlichen Arbeiten gewähren.
3. Vaishyas, die Kaste der Händler und Hirten, sollten den Reichtum des Landes durch Handel und Landwirtschaft vermehren.
4. Shudras, die dienende Kaste. Sie setzten sich aus der Bevölkerung der Nicht-Aryas zusammen und sollten als Bedienstete für die Brahmanen, Kshatriyas und Vaishyas arbeiten.
Unterhalb der vier Hauptkasten sind die Dalits (früher als „Unberührbare„ bezeichnet), die für minderwertige Arbeiten wie Toilettenreinigen und Straßenkehren zuständig sind. Um die Stellung der Dalits zu verbessern, hat die Regierung eine beträchtliche Anzahl von Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor für sie vorbehalten (Lonely Planet, 11th Edition, S. 58). Die Kasten sind wiederum unterteilt in Tausende von „Familiengruppen„ oder soziale Gemeinschaften, die Jati genannt werden. In sie wird ein Individuum hineingeboren und sie sind manchmal – aber nicht immer – mit einer beruflichen Tätigkeit verbunden. Obwohl das Kastenwesen im Hinduismus entstanden ist, wird es dort auch von anderen Religionen praktiziert. So hat die Christianisierung das Kastenwesen nicht immer überwunden. Noch heute müssen in vielen Kirchen Indiens Angehörige der unteren Kasten hinten sitzen.
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